am Spitzberg bei Schattin
am 24. Januar 1949
Am 24. Januar 1949 gegen 21 Uhr stürzte eine britische C-47 „Dakota“ der Luftbrücke im Landeanflug auf den Lübecker Flugplatz Blankensee im Waldstück „Spitzberg“ zwischen Schattin und Utecht ab. Das Flugzeug hatte neben der dreiköpfigen Besatzung 5 deutsche Kinder, 14 Frauen und 3 Männer an Bord. Die Mitnahme von Passagieren auf dem Rückflug war ungewöhnlich, es musste noch verhandelt werden, deshalb wurde es beim Abflug in Gatow bereits dunkel. Frauen und Kinder stiegen nach Anweisung zuerst ein. Es war eine Fracht-maschine mit einer doppelflügeligen Ladetür an der linken Hinterseite, mit klappbaren Bänken mit Stoff-bespannung in Längsrichtung an den Seiten. Der überlebende Passagier Dr. Lothar Zeidler beschreibt: „ ….. waren auch wir alle vor der Landung angeschnallt. ….. war uns der Mechanismus dieser Gurte absolut neu, so dass ich während des Fluges noch damit experimentierte, wie er funktionierte, was auch noch zur notgedrungen schnellen Rettung beigetragen haben mag. ….. Ich hatte ….. als technisch Interessierter während des Fluges auch den Mechanismus der Doppeltür studiert und war als erster an der ….. nach außen öffnenden Tür durch einen Baumstamm so versperrt, dass man kaum genug Platz zum Abspringen hatte. Die Maschine hatte sofort Feuer gefangen. Der Rauch war so ätzend, dass man nur Sekunden zur Rettung hatte.“
Die Maschine flog durch den nördlichen Flugkorridor (über Hannover) und drehte über der „Bi-Zone“ (britisch-amerikanische Besatzungszone) Richtung Norden ab und nahm Kurs über Ratzeburg, Groß Sarau. Durch den östlichen Anflug auf Blankensee musste sie ein kurzes Stück über die sowjetisch besetzte Zone fliegen. „….. Nebel und Regen schränkten den Flugbetrieb stark ein, vorsichtig wurde die „Dakota“ mit dem Funkpeiler an das Rollfeld des Flugplatzes Blankensee herangetastet. Plötzlich riss die Verbindung ab. ….. Beim Aufschlag hüllte sogleich eine Stichflamme zwischen Piloten- und Passagierraum die Maschine in Flammen.“ (LN v. 27. 1. 49)
Der britische Funker (Navigator) L. E. Grout hatte sich vermutlich kurz zuvor überzeugt, dass alle angeschnallt waren, war deshalb selber nicht angeschnallt und bei dem Aufprall durch das Cockpit geflogen und tödlich verletzt. Pilot und Copilot entkamen vermutlich durch die kleine Luke unterhalb des Pilotensitzes. Dr. Zeidler erinnert sich, dass die Motoren normal arbeiteten, das Fahrwerk bereits ausgefahren war. Die ersten Bäume schrammten am Rumpf als der Navigator gerade verschwunden war. Nach dem Absturz war der Raum sofort mit beißendem Qualm erfüllt, sodass nicht mehr alle gerettet werden konnten. Die Passagiere, die noch konnten, brachten die Überlebenden, auch die beiden Piloten, in Sicherheit, da die Motoren noch liefen und ohne Propeller überdrehten und zu explodieren drohten. Danach ging er (Dr. Lothar Zeidler) mit dem Polen Roman Brandis dem sich am Himmel markierenden Lichtschein des Flugplatzes Blankensee oder Lübecks nach um Hilfe zu organisieren. Sie kamen an das einzeln stehende Anwesen des Tischlermeisters Lühr, Schattin, Ausbau. Neben der Familie Lühr lebten hier noch etliche Flüchtlinge. Von hier aus wurde das Schönberger Krankenhaus und die Polizei alarmiert. Es kamen jedoch neben dem Krankenwagen die Russen, die alle Überlebenden per LKW mit nach Schönberg zum Verhör nahmen. Dr. Zeidler schildert das Verhör als brutal und unmenschlich, die Überlebenden wurden als Spione beschimpft und entsprechend behandelt. Am nächsten Tag kamen die Engländer und nahmen alle transportfähigen Passagiere mit nach Lübeck außer dem Polen. Über dessen Verbleib ist nichts bekannt. Die sterblichen Überreste der Toten wurden nach Lübeck überführt und dort aufgebahrt (LN v. 29. 1. 49). Die Reste der Maschine wurden ebenfalls unverzüglich geborgen und nach Lübeck verbracht. Der Pilot Mr. Ervin John Eddy musste aufgrund seiner Verletzungen im Krankenhaus bleiben. Schönberger erinnern sich, dass einige male ein britisches Militärfahrzeug vor dem Krankenhaus stand. Es brachte hier nicht verfügbares Penicillin. Der Schönberrger Chirurg Dr. Krause wurde später von der britischen Militärverwaltung mit Auszeichnung und Orden geehrt.
In Berlin vor dem Flugplatz Tempelhof wurde den Opfern der Luftbrücke ein Denkmal gesetzt. Auf der Namensliste sind die 8 Opfer dieses Absturzes vom 24. 1. 1949 jedoch nicht vermerkt. Warum nicht?
Auf Anregung von Herrn Dr. Zeidler wurde ab November 1998 nachrecherchiert, die Namen der Toten ermittelt und die Errichtung eines Gedenksteines auf dem Herrnburger Friedhof in Angriff genommen. Die Einweihung fand fast zeitgleich mit den offiziellen Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Luftbrücke Airlift vor 50 Jahren in Berlin mit über 1000 Veteranen statt. – Die Bronzetafel mit den Namen der Opfer wurde von der „Stiftung Luftbrückendank“ in Berlin beschafft.
Bei den Recherchen stellte sich heraus, dass sich an fast gleicher Stelle ein Jahr zuvor bereits ein Flugunfall ereignet hat. – Am 23. März 1949 stürzte eine „Dakota“ bei Groß Grönau in ein Saatfeld, die 3köpfige Crew kam ums Leben. – Am 19. November 1948 stürzte eine „Dakota“ der 30. Squadron am Duvennester Moor wenige 100 m vor der Landebahn ab. Es gab 3 Tote, darunter der Pilot Fl.Lt. Terzona. Es überlebte ein britischer Captain:
Die betonierte Landebahn des Flugplatzes Blankensee wurde 1948 im Auftrage der britischen Militärverwaltung gebaut und auf die doppelte Länge der ursprünglichen unbefestigten Bahn gebracht.
Am 18. März 1999 wurden der Absturzort von Hans-Joachim Lühr, Herrn Dr. Jessa und Herrn Klaus-Peter Räsenhöft aufgesucht. Es wurden im Kerbtal etliche Bauteile zu einem Funkgerät sowie ein Edelstahlteil gefunden. Weiterhin wurden an dem Abtransportweg Richtung Schattin etliche Teile der Außenbeplankung sowie ein Ölkühler gefunden. Alle Teile befanden sich an der Oberfläche. Die Buchen an der vermuteten Absturzstelle sind ca. 40 – 50jährig, geben also keinen Hinweis. Drei in dem Buchenbestand befindliche Eichen sind Älter; sind im Kronenbereich verbuscht. In ihrem Umfeld wurden jedoch keinerlei Metallteile gefunden.
Am Nachmittag des 7. Mai 1999 wurde auf dem Friedhof in Herrnburg in Anwesenheit von Herrn Dr. Zeidler, den Herren Reese und Dr. Huschke (Stiftung Luftbrückendank), Lüdersdorfs Bürgermeisterin Frau Sandmann, Lübecks Stadtpräsident Oertling, dem Abteilungsleiter des Kultur- und Schulamtes des Landkreises Nordwestmecklenburg Herrn Böttcher sowie vielen Anwohnern und Interessierten ein Gedenkstein mit kleinem Zeremoniell eingeweiht. Es ist ein ca. 2 t schwerer Granitstein, aus dem der Künstler Dietrich Klein aus Schattin einen farbigen Einschluss als „Lebenslinie“ herausgearbeitet hat, die sich in das „Unendliche“ öffnet.
Zu diesem Thema siehe auch bei: „Interview mit Hans Zwiebelmann aus Duvennest“.
Die Inschrift auf der Bronzetafel am Gedenkstein auf dem Herrnburger Friedhof lautet:
Chronik Schattin
Grenzstreifen-Verordnung
Schattiner Künstler