User Tools

Site Tools


schattin_die_geschichte_eines_dorfes

Differences

This shows you the differences between two versions of the page.

Link to this comparison view

Next revision
Previous revision
schattin_die_geschichte_eines_dorfes [2017/04/23 19:51]
127.0.0.1 external edit
schattin_die_geschichte_eines_dorfes [2019/04/14 13:20] (current)
Line 24: Line 24:
 Wenn man annimmt, dass im allgemeinen der Zehntinhaber des Ratzeburger Zehntenlehenregister von 1230 (R. Z. R.) auch der Besitzer der Güter war, auf denen dieser Zehnte ruhte, so war der Grundbesitz Reinfrieds auf rechtselbischem Boden sehr bedeutend. Deutlich besteht im R. Z. R. ein Unterschied zwischen Dörfern, in denen der Zehntlehenträger den ganzen vom Bischof zustehenden Anteil am Zehnten bezog, - es sind die Ortschaften,​ bei denen es heißt: "​dimidiam decimam habet" und solchen, bei denen ihm nur ein Teil der Zehnten verliehen war. Hellwig ist der Ansicht, daß die erste Klasse von Dörfern Allodialgüter (siehe hinten) der Schorlemers gewesen seien. An diesen überreichen Allodialbesitz der Schorlemers vermag ich aber nicht zu glauben. Allode werden im 12. und 13. Jahrhundert auf Kolonialboden kaum noch gegeben worden sein, wo das Lehnrecht in der Form der Lokation (siehe hinten) durchaus herrschend geworden war. Aber ein anderes Verhältnis scheint sich hier wiederzuspiegeln,​ auf das schon Maybaum hingewiesen hat. Er unterscheidet zwei Gruppen von Lokatoren: „1.) solche, die vom Landesherrn mit Grundbesitz beliehen waren und dessen Besiedelung im eigenen Interesse vornahmen, und 2.) solche, die im Auftrage des Fürsten landesherrliche Dörfer mit Ansiedlern besetzten"​. Der ersten Gruppe möchte ich die Zehntlehenträger ganzer Ortschaften zuteilen, der zweiten Gruppe die Inhaber der Zehnten von so viel Hufen, wie dem vertraglich festgesetzten Anteil des im Auftrage des Fürsten, handelnden Lokators entsprachen,​ d. h. bei Dörfern bis zu 11 Hufen je 1, bei Dörfern von 12 Hufen ab je 2 Hufen seitens des Bischofs und des Fürsten; diese Zahl mochte sich bei besonders großen Dörfern automatisch erhöhen. In Püttelkow und Granzin besaß der Bischof keine Zehnten mehr, doch waren hier neben Reinfried noch ein Johann und Friedrich mit den Zehnten von je 2 Hufen beteiligt. Ihr zweifellos ritterlicher Stand verbietet aber, sie für Unterlokatoren Reinfrieds von Schorlemer zu halten.\\ Wenn man annimmt, dass im allgemeinen der Zehntinhaber des Ratzeburger Zehntenlehenregister von 1230 (R. Z. R.) auch der Besitzer der Güter war, auf denen dieser Zehnte ruhte, so war der Grundbesitz Reinfrieds auf rechtselbischem Boden sehr bedeutend. Deutlich besteht im R. Z. R. ein Unterschied zwischen Dörfern, in denen der Zehntlehenträger den ganzen vom Bischof zustehenden Anteil am Zehnten bezog, - es sind die Ortschaften,​ bei denen es heißt: "​dimidiam decimam habet" und solchen, bei denen ihm nur ein Teil der Zehnten verliehen war. Hellwig ist der Ansicht, daß die erste Klasse von Dörfern Allodialgüter (siehe hinten) der Schorlemers gewesen seien. An diesen überreichen Allodialbesitz der Schorlemers vermag ich aber nicht zu glauben. Allode werden im 12. und 13. Jahrhundert auf Kolonialboden kaum noch gegeben worden sein, wo das Lehnrecht in der Form der Lokation (siehe hinten) durchaus herrschend geworden war. Aber ein anderes Verhältnis scheint sich hier wiederzuspiegeln,​ auf das schon Maybaum hingewiesen hat. Er unterscheidet zwei Gruppen von Lokatoren: „1.) solche, die vom Landesherrn mit Grundbesitz beliehen waren und dessen Besiedelung im eigenen Interesse vornahmen, und 2.) solche, die im Auftrage des Fürsten landesherrliche Dörfer mit Ansiedlern besetzten"​. Der ersten Gruppe möchte ich die Zehntlehenträger ganzer Ortschaften zuteilen, der zweiten Gruppe die Inhaber der Zehnten von so viel Hufen, wie dem vertraglich festgesetzten Anteil des im Auftrage des Fürsten, handelnden Lokators entsprachen,​ d. h. bei Dörfern bis zu 11 Hufen je 1, bei Dörfern von 12 Hufen ab je 2 Hufen seitens des Bischofs und des Fürsten; diese Zahl mochte sich bei besonders großen Dörfern automatisch erhöhen. In Püttelkow und Granzin besaß der Bischof keine Zehnten mehr, doch waren hier neben Reinfried noch ein Johann und Friedrich mit den Zehnten von je 2 Hufen beteiligt. Ihr zweifellos ritterlicher Stand verbietet aber, sie für Unterlokatoren Reinfrieds von Schorlemer zu halten.\\
 Von dieser rechtlichen Grundlage aus gesehen, scheint der Besitz der Schorlemers innerhalb des Bistums Ratzeburg von Belehnungen mit Land herzurühren,​ dessen Besiedelung sie im eigenen Interesse angriffen und in dem sie daher grundherrliche Rechte besaßen. Von dieser rechtlichen Grundlage aus gesehen, scheint der Besitz der Schorlemers innerhalb des Bistums Ratzeburg von Belehnungen mit Land herzurühren,​ dessen Besiedelung sie im eigenen Interesse angriffen und in dem sie daher grundherrliche Rechte besaßen.
-{{ :​schattinchronik:​wappen_schorlemer.jpg?​nolink&​300 |}}+{{ wappen_schorlemer.jpg?​nolink&​300 |}}
 Wie lange die Schorlemers Schattin im Besitz hatten, lässt sich nicht sagen. Bantin war schon vor 1257 in andere Hände übergegangen. Püttelkow (Pvtlekowe) und Bantikow waren Ende des 13. Jahrhunderts in den Händen der Blücher und Wulfsdorf, Beidendorf und Blankensee waren 1293 zur Hälfte im Besitz des Lübecker Bürgers Werner Hun; die andere Hälfte kaufte 1300 das Lübecker Johanniskloster von den Rittern von Gotmolte. Das Dorf Utecht war schon 1278 vom St.-Johanniskloster zu Lübeck dem Herzog von Sachsen-Lauenburg abgekauft worden.\\ Wie lange die Schorlemers Schattin im Besitz hatten, lässt sich nicht sagen. Bantin war schon vor 1257 in andere Hände übergegangen. Püttelkow (Pvtlekowe) und Bantikow waren Ende des 13. Jahrhunderts in den Händen der Blücher und Wulfsdorf, Beidendorf und Blankensee waren 1293 zur Hälfte im Besitz des Lübecker Bürgers Werner Hun; die andere Hälfte kaufte 1300 das Lübecker Johanniskloster von den Rittern von Gotmolte. Das Dorf Utecht war schon 1278 vom St.-Johanniskloster zu Lübeck dem Herzog von Sachsen-Lauenburg abgekauft worden.\\
  
Line 41: Line 41:
 1788 stritt man sich, wer den Grenzgraben zwischen Schattin und Groß Mist zu reinigen habe. Die Utechter und Schattiner hatten mit den Nachbarn aus Lenschow wegen Säuberung der Lenschau Ärger.\\ 1788 stritt man sich, wer den Grenzgraben zwischen Schattin und Groß Mist zu reinigen habe. Die Utechter und Schattiner hatten mit den Nachbarn aus Lenschow wegen Säuberung der Lenschau Ärger.\\
  
-Zusammen mit anderen Dörfern hatten auch die Schattiner Klosteruntertanen seit 1794 begonnen, dem Kloster geschuldete Abgaben und Dienste zu verweigern. Dies waren zunächst das Kopf- sowie das Baugeld. Bald kamen der Betrag zu den Inquisitionsgeldern (siehe hinten) und die Erlegung des Haus- sowie des Koppelgeldes hinzu. Da eine gütliche Einigung nicht zu erreichen war, kam es zu einem Rechtsstreit. Als dabei die rechtsnach-teilige ​Lage für die Klosterdörfer erkennbar wurde, beschloss der Senat der Stadt Lübeck am 20. April 1805, dass eine vergleichsweise Regelung zu versuchen sei. Dieser Vergleich kam, nachdem die Feldmark 1809 nach J. C. A. Kaufmann aufgemessen und eingeteilt worden war, mit der Dorfschaft Schattin am 9. Juni 1809 zu-stande.\\+Zusammen mit anderen Dörfern hatten auch die Schattiner Klosteruntertanen seit 1794 begonnen, dem Kloster geschuldete Abgaben und Dienste zu verweigern. Dies waren zunächst das Kopf- sowie das Baugeld. Bald kamen der Betrag zu den Inquisitionsgeldern (siehe hinten) und die Erlegung des Haus- sowie des Koppelgeldes hinzu. Da eine gütliche Einigung nicht zu erreichen war, kam es zu einem Rechtsstreit. Als dabei die rechtsnachteilige ​Lage für die Klosterdörfer erkennbar wurde, beschloss der Senat der Stadt Lübeck am 20. April 1805, dass eine vergleichsweise Regelung zu versuchen sei. Dieser Vergleich kam, nachdem die Feldmark 1809 nach J. C. A. Kaufmann aufgemessen und eingeteilt worden war, mit der Dorfschaft Schattin am 9. Juni 1809 zustande.\\
  
 Nach der Vermessung betrug die Zahl der Hufe 8, sowie die Zahl der Bauernstellen. Die vermessene Feldmark umfasste 3029 Scheffel, davon waren 2391 Scheffel Ackerland. Es gab drei Katenstellen. Das Dorf war noch in seiner ursprünglichen Anlage als Rundling zu erkennen. Die Dorfstraße mündete auf die erhöht gelegenen Gehöfte am seitlichen Dorfende, aus dem nur ein einfacher Fußpfad über den Bach - in dessen geschützter Krümmung der Ort sich angesiedelt hat - nach dem Nachbardorf Duvennest hinausführte. Dieser Fußpfad führte etwa 100 m bachaufwärts von der heutigen Straßenbrücke über den Grenzbach nach Duvennest. 1930 wurde der nicht mehr benötigte Fußweg nach Duvennest wieder aufgehoben. - Der Weg nach Sülsdorf war in der DDR-Zeit in Höhe des Spitzberges zugewachsen. Nach der Vermessung betrug die Zahl der Hufe 8, sowie die Zahl der Bauernstellen. Die vermessene Feldmark umfasste 3029 Scheffel, davon waren 2391 Scheffel Ackerland. Es gab drei Katenstellen. Das Dorf war noch in seiner ursprünglichen Anlage als Rundling zu erkennen. Die Dorfstraße mündete auf die erhöht gelegenen Gehöfte am seitlichen Dorfende, aus dem nur ein einfacher Fußpfad über den Bach - in dessen geschützter Krümmung der Ort sich angesiedelt hat - nach dem Nachbardorf Duvennest hinausführte. Dieser Fußpfad führte etwa 100 m bachaufwärts von der heutigen Straßenbrücke über den Grenzbach nach Duvennest. 1930 wurde der nicht mehr benötigte Fußweg nach Duvennest wieder aufgehoben. - Der Weg nach Sülsdorf war in der DDR-Zeit in Höhe des Spitzberges zugewachsen.
  
-{{ :​schattinchronik:​carte_des_dorfes.jpg?​nolink |}} +{{ :​carte_des_dorfes.jpg?​nolink |}} 
-{{ :​schattinchronik:​karte.jpg?​600 |}}\\+{{ :​karte.jpg?​600 |}}\\
 \\ \\
  
Line 116: Line 116:
 Kirchlich gehörte Schattin anfänglich zu Krummesse (1230), später kam es zur Grönauer Pfarrei, bei der das Dorf bis zur Teilung Deutschlands im Jahre 1945 verblieb. Seither war Schattin nach Herrnburg eingepfarrt. Nach der Wiedervereinigung ging Schattin wieder zur Kirchengemeinde Groß-Grönau. Die erste Taufe eines Schattiner Kindes (Felix Koop) war im Jahre 1994. Kirchlich gehörte Schattin anfänglich zu Krummesse (1230), später kam es zur Grönauer Pfarrei, bei der das Dorf bis zur Teilung Deutschlands im Jahre 1945 verblieb. Seither war Schattin nach Herrnburg eingepfarrt. Nach der Wiedervereinigung ging Schattin wieder zur Kirchengemeinde Groß-Grönau. Die erste Taufe eines Schattiner Kindes (Felix Koop) war im Jahre 1994.
  
-{{ :​schattinchronik:​bild1.jpg?​800 |}}+{{ :​bild1.jpg?​800 |}}
 Dorfpartie mit Blickrichtung nach Duvennest - links = Gastwirtschaft „Zum alten Dorfkrug“ Heinrich Ollmann, es folgen die Höfe von Georg Eichholz und Alwine und Meta Redwisch. (vor 1930) Dorfpartie mit Blickrichtung nach Duvennest - links = Gastwirtschaft „Zum alten Dorfkrug“ Heinrich Ollmann, es folgen die Höfe von Georg Eichholz und Alwine und Meta Redwisch. (vor 1930)
  
-{{ :​schattinchronik:​bild2.jpg?​800 |}}      ​+{{ :​bild2.jpg?​800 |}}      ​
 Dorfpartie mit den Höfen Georg Eichholz (links) und Alwine und Meta Retwisch (rechts). (vor 1934) Dorfpartie mit den Höfen Georg Eichholz (links) und Alwine und Meta Retwisch (rechts). (vor 1934)
  
-{{ :​schattinchronik:​bild3.jpg?​800 |}}+{{ :​bild3.jpg?​800 |}}
 Irma Holst auf dem Pferd vor der alten Scheune von Heinrich Oldenburg. Irma Holst auf dem Pferd vor der alten Scheune von Heinrich Oldenburg.
 Im Hintergrund = Land- und Gastwirtschaft von Heinrich Ollmann. (1943) Im Hintergrund = Land- und Gastwirtschaft von Heinrich Ollmann. (1943)
schattin_die_geschichte_eines_dorfes.1492969864.txt.gz · Last modified: 2019/04/14 13:20 (external edit)