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Grenzstreifen-Verordnung

a) 10-m-Schutzstreifen

Dieser 10-m-Schutzstreifen muß zweimal im Jahr (Frühjahr und Herbst) umgepflügt und geeggt werden. Soweit in diesem Streifen Waldungen stehen, sind dieselben abzuholzen. In diesem Streifen dürfen keinerlei Arbeiten von Zivilpersonen durchgeführt werden, und er darf nur von Angehörigen der Grenzbehörden betreten werden. Entlang des Streifens sollen an bestimmten Stellen Straßensperren, Baumsperren, Drahtverhaue usw. errichtet werden.

b) 500-m-Schutzstreifen

Der 500-m-Schutzstreifen steht unter Verwaltung der Grenzbehörden. Ohne Genehmigung der Grenzbehörden dürfen keinerlei Veränderungen jeglicher Art in den Ortschaften und im Gelände (einschl. Baumaßnahmen) vorgenommen werden. In diesem Gebiet sind die Dienststellen der Grenzbehörden voll verantwortlich. Die Ortseinwohner müssen bei der jeweiligen Dienststelle der Grenzbehörde namentlich auf Listen erfaßt sein. Zuzüge bedürfen der Genehmigung der Grenzbehörden. Einwohner erhalten im DPA einen Stempel der Dienststelle der Grenzbehörde, daß sie dort wohnhaft sind. Ebenfalls müssen Arbeiter, die in Betrieben dieses Streifens arbeiten, aber außerhalb wohnen bei den Dienststellen der Grenzbehörde namentlich erfaßt sein und bedürfen für das Betreten einen besonderen Passierschein. Diese Arbeiter dürfen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, nur die von der Grenzbehörde festgelegten Wege benutzen. Dieses trifft ebenso für die örtliche Bevölkerung zu, die außerhalb der Ortschaften liegende Felder bearbeiten wollen. Der Aufenthalt auf Straßen und Arbeitsplätzen ist für alle Personen (einschl. der örtlichen Bevölkerung) nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gestattet. Jeglicher Verkehr von Personen auf Straßen usw. ist bei Einbruch der Dunkelheit verboten. Es dürfen keinerlei Versammlungen und Veranstaltungen durchgeführt werden. Gaststätten, Hotels, Pensionen, Erholungsheime sind zu schließen. Ausgenommen hiervon ist das Brockenhotel, hier sollen andere Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Die Brockenbahn darf nicht mehr durch westliches Gebiet fahren. Entweder ist dieses Stück Gleis zu verlegen, oder es ist eine Endstation vor Überfahren der D.-Linie festzulegen, wo alle Personen auszusteigen haben bzw. Omnibusverkehr einzurichten ist. Dieselbe Maßnahme trifft für alle Eisenbahnstrecken zu, die streckenweise westliches Gebiet passieren (ausgenommen sind die Eisenbahnlinien, die für den Interzonenverkehr festgelegt sind).

Alle alteingesessenen Bewohner dieser Ortschaften (es handelt sich entlang der gesamten D.-Linie in diesem Streifen um ca. 110 Ortschaften) Können wohnen bleiben. Neu hinzugezogene Personen, reaktionäre Kräfte, sowie als Grenzschieber und Spekulanten bekannte Personen sind aus diesen Ortschaften in das Hinterland umzusiedeln.

Dieser 500-m-Streifen wird als ein Streifen des besonderen Regimes festgelegt.

c) 5-km-Streifen (Ausweiszone)

Sämtliche Einwohner müssen durch die örtlich zuständigen VP-Dienststellen der VPKA listenmäßig erfaßt sein. Für die hier wohnhaften Einwohner ist durch das zuständige VPKA der DPA mit einem besonderen Stempel zu versehen, daß sie in diesem Streifen wohnhaft sind. Die Einreise bzw. Einfahrt von Personen und Kfz. in diesen Streifen ist nur mit einem besonderen Passierschein gestattet. Alle Personen, die ohne Ausweis angetroffen werden, sind als Verletzer der Paßordnung zu betrachten. Alle Versammlungen usw. ab 22 00 Uhr sind verboten.

Alle anwesenden VP-Offiziere wurden durch Herrn Oberst Andriosow mündlich zur strengen Verschwiegenheit verpflichtet, bis alle diese Maßnahmen durch die Regierung der DDR beschlossen werden. Ebenfalls werden durch mich diese Offz. sowohl mündlich als auch schriftlich auf strengste Verschwiegenheit hingewiesen.

Ich bitte um Kenntnisnahme.

Hauptabteilungsleiter G
( )
Chefinspekteur

ohne Datum
(ab 1. Pfingsttag 1952)


DPA 		= Deutscher Personalausweis
D.-Linie 	= Demarkationslinie
VP 		= Volkspolizei
VPKA 		= Volkspolizei-Kreisamt 


Grenze DDR / BRD – äußerer Grenzzaun bei Lenschow an der Wakenitz mit Peter Szulecki (1990)


Der innere Zaun für den 500-m-Schutzstreifen an der Abzweigung nach Lenschow (1990)


Anmerkung zu dieser Skitze:

a) Der eigentliche Grenzverlauf (1) im Bereich Schattin war das östliche Ufer der Wakenitz
b) Zwischen den Grenzzäunen wurden ab 1961 Erdminen verlegt = vor dem Grenzzaun I (5) befand sich ein weiterer Sperrzaun: hierzwischen waren die Erdminen platziert.

Die ehemaligen Grenztruppen

Am 7. Oktober 1949 – dem Tag der Veröffentlichung der neuen Verfassung – gingen die Regierungsgeschäfte auf die neu gegründete DDR (Deutsche Demokratische Republik) über. Damit war auch festgelegt, dass und wie die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz vom 23. Mai 1949) zu schützen bzw. zu sichern ist.

Die ersten Grenztruppen waren im Wohn- und Wirtschaftsgebäude von Heinrich Oldenburg stationiert. Dieser Hof (Erbhof Nr. 6) wurde 1949 zum Eigentum des Volkes erklärt, nachdem zuvor (im Januar 1949) Heinrich Oldenburg willkürlich verhaftet und ohne ordentliches Urteil ins Konzentrationslager gebracht wurde, wo er nach Folterungen am 24. Mai 1950 in Untermaßfeld in Thüringen verstarb.

1950 wurde der „Pferdestall“ von der Grenzpolizei auf dem damaligen Hofgelände von Heinrich Oldenburg erbaut. Hier wurden 4 Pferde, die von der Reitschule in Schwerin kamen, stationiert.

1952 kamen einige dieser Reitpferde nach Berlin und wurden durch 2 Arbeitspferde ersetzt. Diese wurden nun zum Bearbeiten des 10 m Streifens (Kontrollstreifen zur Spurensicherung), der regelmäßig gepflügt und geeggt werden musste, eingesetzt.

Der Pferdestall ist bis etwa 1956 als solcher genutzt worden

Dann wurde in den 50er Jahren die Baracke am Weg nach Sülsdorf errichtet, sie ist heute Eigentum von Ernst Timm (der „Wüstenhof“). Hier wohnten und lebten die diensttuenden Truppen.

Etwas später entstand links nebenan ein stabileres Gebäude, das Wirtschaftsgebäude für die Grenzsoldaten.

Ab ca. 1957 wurde an der Kreisgrenze am Weg von Schattin nach Utecht eine 2-stöckige Baracke für eine Dienststelle errichtet.

Dann folgte – etwa 1960 erbaut – die erste Kaserne (der rechte Block), die Grenzdienststelle bzw. das Grenz-dienststellengebäude.

Die 2. Kaserne war der linke Bau, – gebaut Anfang der 70er Jahre – diese war das Stabsgebäude.

Voll belegt waren dort etwa 440 Grenzsoldaten untergebracht

Laut Anweisung haben die Grenztruppen in der Zeit von 1961 – 1963 den Schutzstreifen zwischen den Grenzzäunen mit PMD 6 Minen (Holzkastenminen – Erdminen) vermint. Die marode gewordenen Holzkastenminen wurden Anfang der 70er Jahre gegen PPM 2 + PMN Minen (Minen in Plastikgehäusen) – Erdminen ausgetauscht.

1973 begann man mit dem Abriss des Dorfes Lenschow um hier freies Sicht- und Schussfeld zu bekommen.

Der Schattiner Abschnitt war verhältnismäßig ruhig (lag wohl auch am Gelände).

Zwecks Auflösung = am 18. August 1989 entstand in Schattin ein Kraftfahrzeug-Instandhaltungszug.

Im Sommer 1990 wurde das Objekt Schattin durch das Bundesvermögensamt und die Standortverwaltung Rostock an die Gemeinde Lüdersdorf übergeben.


Chronik Schattin
Die Jagdgenossenschaft Schattin-Duvennest-Lenschow
Absturz eines „Rosinenbombers“

grenzstreifen_verordnung.txt · Last modified: 2019/04/14 13:20 (external edit)